Die Naturbrut beim Geflügel am Bauernhof
Bei der Zucht von gefährdeten, alten Nutztierrassen ist ein breites Spektrum an Leistungsmerkmalen erwünscht. Es soll nicht nur ein Besonderes auf Kosten anderer Leistungsmerkmale favorisiert werden.
Stark vertreten ist diese Zucht auf nur ein Leistungsmerkmal im Geflügelbereich. Entweder legen die Tiere nur Eier oder sie produzieren nur Fleisch. Gerade die für uns so wichtigen Muttereigenschaften sind dem Geflügel systematisch abgezüchtet worden. Dadurch lässt sich die gesamte Flügelhaltung weltweit industrialisieren. Doch möchten wir das wirklich?
Hühner, die nur Eier legen und diese Tätigkeit nicht durch den „lästigen“ Bruttrieb unterbrechen, sind bei dieser Haltungsform gefragt. Durch die industriellen Brütereien (6 Fabriken in Österreich) lassen sich tausende Küken an einem Tag verkaufen und aufstallen, um so das beliebte Rein-/Rausverfahren der groß angelegten Geflügelhaltung umzusetzen. Dem Konsumenten können dadurch günstige Preise angeboten werden, die Wertschöpfungskette wird in Einzelteile zerlegt und die Produktionskette durchgetaktet. Aber um welchen Preis? Kann man die Landwirtschaft „denaturieren“, mit hochgezüchteten Tieren Produktionszyklen schaffen, wo nur auf effiziente Leistung, Produktionsintensivität und Kostenersparnis geachtet wird? Wo bleibt die artgerechte Haltung und wie sieht es mit dem Tierwohl aus? Wie kann man sich die bäuerliche Struktur dem Preisdruck entgegenstellen?
Was leistet eine Naturbrut im Vergleich?
Sehen wir uns im Vergleich zu einer industriellen Brüterei den Vorgang bei der Naturbrut an. Ein umsichtiges Muttertier – Henne, Pute, Gans oder Ente – beginnt mit der Brut zu einem Zeitpunkt, wo die schlüpfenden Küken gute Lebensbedingungen vorfinden. Während der Brutzeit hat das wachsende Küken durch die Eierschalen* permanenten Kontakt zur bakteriellen und viralen Lebensumgebung, in die es kommen wird. Dies ist vergleichbar mit der Aufnahme von Biestmilch nach der Geburt und erspart teure und zum Teil nutzlose Impfungen.
Das Muttertier bietet dem Ei die optimale Temperatur, Feuchte und Lage während der Entwicklung. Wer Naturbruten am Bauernhof oder in der Natur beobachten kann, wird immer wieder feststellen, dass die Brüterin im Laufe der Brutzeit ihre Brutpausen variiert.
Die Umsicht und intensive Betreuung, die die Mutter und zum Teil auch das Vatertier (bei Gans und Pute) dem geschlüpften Küken zuteilwerden lassen, ist durch nichts zu ersetzen.
Dabei kommt es nicht nur auf die Wärme an, sondern auch auf das Schutzgefühl, das die Elterntiere vermitteln. So wachsen die Küken stressfrei in der freien Natur auf. Die Kleinen lernen von den Eltern das optimale Futtersuchen, das richtige Sozialverhalten und die richtige Reaktion bei Gefahr. Auf diese Weise bekommen wir Bäuerinnen und Bauern kluge Nutztiere in unseren Geflügelställen.
Was ist zu tun?
Die Aufgabe der Bäuerinnen und Bauern ist es, den Tieren die richtige Umgebung zur Verfügung zu stellen. Das beginnt bei den Rahmenbedingungen für eine artgerechte Haltung mit Freilauf – am besten ganz ohne Zaun – bis zur Errichtung von Möglichkeiten für das Geflügel, um die Bruttätigkeit erfolgreich ausleben zu können.
Hierfür brauchen wir aber auch die Unterstützung der Konsumenten sowie jene der Großküchen und der Systemgastronomie.
Am Ende sind Sie es, die uns bei diesem Anliegen helfen und ein Zeichen setzen. Denn der Endkundenpreis vom kleinen Bauernhof lässt sich nicht mit einer industriellen Eierproduktion oder Geflügelmast vergleichen und kann auch bei dieser Art der Haltung niemals erreicht werden. Das heißt wir kleinstrukturierten Bauernhöfe brauchen Konsumenten, die gerne bereit sind, mehr zu zahlen für das Ei eines wirklich glücklichen Huhnes. Konsumenten, die es schätzen, dass die Tiere auf die Alm dürfen, extensiv und ohne Kraftfutter ernährt werden und deshalb langsam wachsen. Konsumenten, denen es ein Anliegen ist, dass man den kleinstrukturierten Bauernhof unterstützt, der seine Tiere artgerecht und naturnah hält. Konsumenten, die gerne dazu bereit sind, weniger Fleisch zu essen und dafür mehr für das Kilo zu bezahlen.
Haben Sie schon einmal ein Ei von einem Freilandhuhn gekostet, das nach Herzenslust auf dem Feld, den Streuobstwiesen und im Wald picken und scharren darf? Die Eier erhalten einen besonders feinen Geschmack!
Man mag nun argumentieren, dass es sich hier um „Nutztiere“ handelt und diese doch früher oder später geschlachtet werden. Aber bei näherer Betrachtung stellt sich auch die Frage: Was essen wir wirklich? Können wir nicht doch mitbestimmen, auch wenn unsere Tiere zum Verbrauch bestimmt sind, dass sie eine schöne und artgerechte Zeit auf unserem Bauernhof verbringen?
Unterstützen wir wo nur möglich die kleinstrukturierten Bäuerinnen und Bauern, die auch unsere Landschaftspfleger sind, auf unsere Umwelt und die Biodiversität achten müssen! Stellen wir uns offen die Frage, ob wir wirklich ein landwirtschaftliches Umfeld unterstützen möchten, welches zunehmend industrialisiert wird? Wo man als Halter von 30 Hühnern mit Naturbrut belächelt wird, weil man hier normalerweise nur mehr in 1000er Größen spricht und ein Geflügelmäster erst ab 40.000 Masthühnern! im Vollerwerb leben kann… Möchten wir diese stark industrialisierten Betriebe? Das Bild vom glücklichen Bauern/der glücklichen Bäuerin im traditionellen Stall mit mehreren Tierarten, welches auch oft in der Werbung zu sehen ist, wird immer seltener…
Quellen:
Arche Austria, Mitteilungsblatt März 2022, Ausgabe 1/2022
Land schafft Leben: https://www.landschafftleben.at/lebensmittel/huhn/zukunftsreich/oekologische-aspekte
https://www.landschafftleben.at/lebensmittel/huhn/landwirtschaft/auf-zucht-und-futter#konzentration
*Die Eierschale und deren Funktion:
Durch die Eierschalenmembrane, die sich als eine Art Filter um die gesamte Innenfläche des Eis legt, ist das Innere somit bestens vor mikrobiellen Angriffen geschützt. Einen ähnlichen Filter stellt das Oberhäutchen dar. Es schützt die vielen kleinen Poren, die für den Luftaustausch auf der Kristallschicht vorhanden sind, vor eindringenden Bakterien.
Quelle: https://www.huehner-haltung.de/wissen/huehnereier/aufbau-der-huehnereier/